Diskriminierung in der Verwaltung

Dass Menschen mit Akzent auch Akzente setzen wollen, wird in der Verwaltung nicht nur ignoriert, sondern oft aktiv behindert. Echte Vielfalt gibt es selten – außer in der Pressearbeit. Schosche: „Wir brauchen dringend friedliche Konflikte!“

Trotz fortschreitender Diversität in der österreichischen Gesellschaft und der zentralen Rolle von Migrant:innen in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens zeigen aktuelle Entwicklungen, dass strukturelle Barrieren in Verwaltung und Förderpolitik weiterhin bestehen. Während die Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung gerne Diversität betont und mit Schlagworten wie „Chancengleichheit“ und „Inclusion“ wirbt, zeigen die tatsächlichen Strukturen ein anderes Bild. Menschen mit Migrationshintergrund sind in der Verwaltung überwiegend in operativen Rollen vertreten, während sie in den Führungs- und Entscheidungsebenen nahezu unsichtbar bleiben.

„Bus oder Straßenbahn lenken bei den Wiener Linien – ja. Führungsposition? Nein. Welche Botschaft wird damit vermittelt? Dass wir Wiener:innen zweiter Klasse sind!“, kritisiert Dino Schosche, Sprecher der Neuen Österreichischen Organisationen, und verweist damit auf die systematische Unterrepräsentation von Menschen mit Migrationshintergrund in Entscheidungspositionen der Verwaltung und öffentlichen Unternehmen.

Förderungen: Ungleiche Chancen im System
Auch im Förderbereich zeigt sich ein deutliches Bild struktureller Diskriminierung. Das Projekt „Wiener Integrationsindex“ hat deutlich gezeigt, dass in den Vorständen und Geschäftsführungen jener Organisationen, deren Integrationsprojekte vom Bund oder der Stadt Wien gefördert werden, fast ausschließlich Personen ohne Migrationshintergrund vertreten sind.

Organisationen, die von Migrant:innen geführt werden, stehen bei der Beantragung von Fördermitteln vor erheblichen systemischen Hürden: komplizierte bürokratische Anforderungen, intransparente Entscheidungsprozesse und mangelnde Diversitätskompetenz bei den Förderinstitutionen.  „Es ist faszinierend, dass immer noch Menschen ohne Migrationshintergrund am besten wissen wollen, was für Migrant:innen gut oder schlecht ist“, erklärt Schosche.

„Wir brauchen dringend friedliche Konflikte“
Solange Diversity in der Verwaltung vor allem in PR-Kampagnen und Hochglanzbroschüren sichtbar wird, nicht aber in der tatsächlichen Zusammensetzung von Gremien und Entscheidungsstrukturen, bleibt es ein leeres Versprechen. Es bedarf einer klaren Strategie, um den Worten Taten folgen zu lassen. „In den letzten 20 Jahren, in denen ich mich intensiv mit Integration und Diversity beschäftige, habe ich viele Entscheidungsträger:innen erlebt, die keinerlei Diversity-Kompetenz mitbringen. Darunter auch Feminist:innen, deren Feminismus abrupt dort endet, wo schwer aussprechbare Namen beginnen“, so Schosche.

„Ich bin davon überzeugt, dass wir die Zeit der leisen Töne hinter uns lassen und mit lauten Stimmen und Protestaktionen auftreten müssen. Wie schon Johanna Dohnal sagte: ‘Leise zu treten hat sich immer wieder als Fehler erwiesen’. Konflikte entstehen nicht durch Integration, sondern durch den Versuch einer gleichberechtigten Teilhabe. Wenn eine Kopftuchträgerin in der Schule putzt, bleibt es unbeachtet. Doch sobald sie unterrichten möchte, schlägt ihr heftiger Widerstand entgegen. Diese Gesellschaft braucht Konflikte, die wir friedlich austragen. Denn nur so können wir zusammenwachsen und echte Gleichberechtigung erreichen“, betont Dino Schosche, Sprecher der Neuen Österreichischen Organisationen.

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